Francis Collins - Pointers to God - Hinweise auf Gott

Francis Sellers Collins (born April 14, 1950) is an American physician-geneticist who discovered the genes associated with a number of diseases and led the Human Genome Project.

Mehr:
https://en.wikipedia.org/wiki/Francis_Collins

Im obigen Wikipedia-Artikel steht, dass Collins maßgeblich durch das Buch von C.S. Lewis "Pardon, ich bin Christ" zum Glauben kam.
Ich habe das Buch seit vielen Jahrzehnten im Regal stehen - vielleicht nehme ich die Gelegenheit zum Anlass, es nochmal zu lesen.

Hier soll es aber um ein 15 min Vortrag von Collins gehen:
https://www.youtube.com/watch?v=BoT9dO13CRU


Nature provides some interesting pointers to God

- There is something instead of nothing.

Ja, stimme ich zu.

Ich zitiere hier Harald Lesch:

Vakuum-Fluktuationen
Wenn wir im Rahmen der Quantenfeldtheorien arbeiten, hat das Vakuumfeld Fluktuationen. Woher die kommen, können wir nicht sagen.
Das können Fluktuationen sein, die relativ schnell wieder ins Gleichgewicht kommen, oder nicht.
Wir haben überhaupt keinen Schimmer davon, was die Fluktuationen sind.
Das interessante ist nur, dass unsere Experimente in der Kleinheit uns mitteilen, dass die Eigenschaften, die wir bräuchten, um am Anfang solche Fluktuationen zu generieren, die gibt es da unten (im Quantenbereich)
Wenn wir solche Fluktuationen hätten, dann hätten wir Energiefluktuationen, und damit auch Energiedichte-Fluktuationen, und Fluktuationen der Gravitations-Stärke.
Da wo wir mehr Gravitation haben, haben wir Verdichtung. Dadurch entstand der Urknall.
Von da an haben wir eine durchgängige Geschichte zu erzählen.


Diese Ur-Kraft, welche vielleicht die erste Fluktuation im Vakuumfeld auslöste, ist aber nicht mit dem christlichen Gottesbild deckungsgleich.

The unreasonable effectiveness of mathematics

Er stellt die Frage, warum ist die Mathematik so effektiv? Die Antwort ist in seinem "Hmmm" impliziert:
Es kann wohl nur Gott gewesen sein....

Das ist mir als Argumentation zu dünn...
Meine (sehr kurze) Antwort wäre:
Mathematik ist sowohl eine Entdeckung von logischen Gesetzmäßigkeiten, als auch eine Erfindung zur Beschreibung der Natur.
Daher ist die Frage, was zuerst war, die Mathematik oder die Natur, müßig.
Beides ergibt sich aus den Gesetzmäßigkeiten unseres Universums.
Außerdem lassen sich längst nicht alle Phänomene im Universum streng mathematisch beschreiben.
Siehe https://erkenntnisgewinne.blogspot.com/2020/03/emergenz-und-selbstorganisation.html
Das Thema ist aber sehr groß....

The big bang

Das ist im Prinzip der selbe Punkt wie oben, something out of nothing.


Precise tuning of the Universe
Ausführlich hier:
https://erkenntnisgewinne.blogspot.com/2020/01/die-feinabstimmung-des-universums.html



6:26
We have only gotten to a deist God so far, not a theist God

Dem kann ich zustimmen.
Der Unterschied ist:
Ein deistischer Gott nimmt keinen Einfluss auf das Universum, ein theistischer Gott schon.

The Moral Law

7:00
We animals are unique in the animal kingdom by apparently having a law that we are under

Das ist genau die Frage. Collins behauptet das einfach mal so.

Meine Antwort ist sehr viel differenzierter:
https://erkenntnisgewinne.blogspot.com/2020/01/gibt-es-eine-universelle-moral.html

Ganz kurz:
Es gibt angeborene Verhaltensweisen, erlernte Werte, und philosophisch konstruierte Moralsysteme.
Konkrete moralische Entscheidungen entstehen aus den Einflüssen aller 3 Bereiche.

7:52
Clearly the moral law is universal

Solange Collins nicht definiert, was genau er mit "moral law" meint, lässt sich dazu wenig sagen.
Ich würde ihm zustimmen, dass angeborene Verhaltensweisen universal bei Menschen und Tieren zu finden sind.

9:17
You still have to be hostile to people who are not in your group.

Und das ist genau das, was passiert. Siehe die Stammeskriege im alten Testament.

10:01
Leute, die altruistisch sind zu Menschen außerhalb ihrer eigenen Gruppe, z.B. Mutter Theresa.
Das kann mit Evolution nicht mehr erklärt werden.

Da würde ich Collins zustimmen. Konkrete Entscheidungen werden immer von den 3 oben genannten Bereichen beeinflusst, nicht nur von angeborenen Verhaltensweisen.
Das ist aber kein Beweis für eine universelle Moral.
Im Gegenteil:
Niemand würde einfordern, dass sich Leute universal so wie Mutter Theresa oder der Bahnarbeiter verhalten müssen.
Man kann sie bewundern, aber man ist nicht moralisch verpflichtet, sie nachzumachen.

11:50
Morality can not be explained fully on evolutionary grounds. That's a little bit too easy.

Da würde ich ihm zustimmen.

Andersherum gilt das aber auch:
Morality can not be explained fully with a universal moral law. That's also a little bit too easy.

Warum?
- Weil moralische Vorstellungen offensichtlich je nach Kultur sehr voneinander abweichen. Moral ist eben AUCH erlernt, und nicht universal (umfassend) vorgegeben.
- Weil auch Tiere altruistisches Verhalten zeigen.

Mehr Details:
https://erkenntnisgewinne.blogspot.com/2020/01/gibt-es-eine-universelle-moral.html

12:38
Moral Law written in your own heart

Diese allen Menschen ins Herz geschriebene einheitliche universelle Moral gibt es leider nicht.

Was ins Herz geschrieben ist, sind die angeborenen Verhaltensweisen. Doch diese lassen sich sehr stark überformen. Das ist ja eine der Gründe für den Erfolg des homo sapiens: Er kann sich unglaublich gut anpassen.
Unterschiedliche kulturelle Moralvorstellungen spiegeln oft auch die unterschiedlichen Anforderungen fürs Überleben in der jeweiligen Umwelt dar.
Jäger und Sammler brauchen andere Regeln als Bauern.
Dicht besiedelte Regionen brauchen andere Regeln als dünn besiedelte Regionen.
Hoch entwickelte Gesellschaften brauchen andere Regeln als primitive Gesellschaften.
Und das ist unter anderem der Grund für die Entstehung der Religionen.

Zitat von Immanuel Kant:
Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.
Schönes Zitat, aber es verschleiert, dass Kants Position deutlich von Collins Position abweicht.

Kant fordert eine Vernunftreligion, die von jeglichen biblischen oder sonstigen göttlichen Offenbarungen absieht.

Das kommt ja auch in seinem berühmtesten Zitat durch:
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.

Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

Das ist genau das, was ich mit diesem Blog bezwecke:



Selber denken.




Ich denke, Immanuel Kant war, für seine Zeit, ein großartiger Vordenker. Das ist jetzt aber auch schon über 200 Jahre her.
In den letzen 200 Jahren haben wir in allen wissenschaftlichen Disziplinen unglaublich viel dazugelernt. Das gilt auch für die Philosophie. Nach Immanuel Kant kam die Romantik, Hegel, Kierkegaard, Marx, Darwin, Freud ...

Insofern würde ich Kants moralisches Gesetz nicht als universelle Moral überhöhen wollen.

Eine Abschlussbemerkung:

(Edit vom 21.01.2022) Nun ist Collins ja ein herausragender Wissenschaftler, und seine Leistungen in seinem Fachgebiet der Genetik sind unbestreitbar. Als Fachmann auf diesem Gebiet vertritt er die zufällige biologischen Evolution. Hier ist er mit Kenneth R. Miller einer Meinung, und widerspricht John Lennox.

Aber natürlich ist Collins, wie wir alle, Kind unserer Kultur, und die USA sind nach wie vor sehr religiös. Insofern ist es nicht überraschend, dass es auch evangelikale Wissenschaftler gibt.

Was die Herkunft der Moral betrifft, überzeugen mich die Erklärungen der Fachleute auf diesem Gebiet, den Humanethologen und Psychologen, mehr als die Erklärungen von Collins.


Die Physiker erklären die Gültigkeit der Naturgesetze.
Die Biologen erklären die Entwicklung des Lebens.
Die Historiker erklären die Entwicklung von Kulturen und Religionen.
Die Humanethologen erklären die Ursprünge der Moral.
Die Mediziner erklären die Unumkehrbarkeit des Todes.
Die Bibelwissenschaftler erklären die Entstehung der Bibel.
Die Psychologen erklären die Wirkung von sozialer Gemeinschaft, Gebet und spirituellen Erfahrungen.

Doch viele Christen hadern mit diesen Erkenntnissen, sobald sie in Widerspruch zur christlichen Lehre stehen.

Das finde ich schade, denn ich bin kein grundsätzlicher Gegner der Religion (Wenn man Religion als Weltsicht und Moralsystem versteht, so wie Kant). Religion könnte Großartiges leisten, um unsere globale Gesellschaft in friedlichere und nachhaltigere Bahnen zu lenken.
Aber dazu müssten viele Theologen (besonders die evangelikalen) endlich mal aufwachen und in der Gegenwart ankommen.

Hier ein mutmachendes Beispiel von Hans Küng:
https://www.weltethos.org/

Entweder die christlichen Kirchen schaffen es, sich zu reformieren, oder sie werden aussterben.
Das Christentum wäre nicht die erste Religion, die emporgestiegen ist, und wieder untergegangen ist.

Kommentare

  1. Ich hatte diese Woche Urlaub und habe endlich das Buch von Collins fertiggelesen: The Language of God.
    Ich mag seine Art zu Argumentieren, sehr nüchtern und schlüssig. Er erzählt auch von seiner Reise vom Atheisten zum christlichen Glauben. Als hardcore naturalistischer Wissenschaftler, der nicht viel von Gott und dem Übernatürlichen wissen wollte, gab er seinen Widerstand durch tiefes Nachdenken über das Leben auf, inspiriert von C.S.Lewis. U.A. hat es mir persönlich auch geholfen auf meiner Reise zur theistischen Evolution. Er beschreibt auch, wie etliche Christen in die "gap theory" fallen. Andersherum gäbe es diese "gap theory" aber auch auf der anderen Seite.

    Die Abschlussbemerkung in diesem Chat kommt sehr arrogant rüber, ich vermute, dass dies nicht deine Absicht war, Thomas. Als ob Collins in der Vor-Aufklärung steckengeblieben sei ;-). Im Gegenteil, er ist daraus herausgekommen und kann Wissenschaft und Glaube ohne Weiteres verbinden und es sehr vernünftig begründen. Dazu müsstest du seine Homepage etwas näher unter die Lupe nehmen: https://biologos.org/.
    Collins ist wieder ein Beispiel davon, dass hochkarätige Wissenschaftler und Denker nicht dumm sind, nur weil sie an das christliche Weltbild, an das Übernatürliche, an Wunder glauben. Das wird manchmal vom "Neuen Atheismus", wie Dawkings, Harris, Dennet, Hitchens usw. dargestellt. Collins nimmt das in Kauf.

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  2. Nun ist Collins ja ein herausragender Wissenschaftler, und seine Leistungen in seinem Fachgebiet der Genetik sind unbestreitbar. Als Fachmann auf diesem Gebiet vertritt er die zufällige biologischen Evolution. Hier ist er mit Kenneth R. Miller einer Meinung, und widerspricht John Lennox.

    Aber natürlich ist Collins, wie wir alle, Kind unserer Kultur, und die USA sind nach wie vor sehr religiös. Insofern ist es nicht überraschend, dass es auch evangelikale Wissenschaftler gibt.

    Was die Herkunft der Moral betrifft, überzeugen mich die Erklärungen der Fachleute auf diesem Gebiet, den Humanethologen und Psychologen, mehr als die Erklärungen von Collins.


    Die Physiker erklären die Gültigkeit der Naturgesetze.
    Die Biologen erklären die Entwicklung des Lebens.
    Die Historiker erklären die Entwicklung von Kulturen und Religionen.
    Die Humanethologen erklären die Ursprünge der Moral.
    Die Mediziner erklären die Unumkehrbarkeit des Todes.
    Die Bibelwissenschaftler erklären die Entstehung der Bibel.
    Die Psychologen erklären die Wirkung von sozialer Gemeinschaft, Gebet und spirituellen Erfahrungen.

    Doch viele Christen hadern mit diesen Erkenntnissen, sobald sie in Widerspruch zur christlichen Lehre stehen.

    Das mit der "Voraufklärung" ist tatsächlich etwas polemisch. Collins steckt ja nicht komplett in der Voraufklärung fest, sondern nur in Teilen seiner Weltsicht.

    Das geht uns allen so - keiner hat eine in sich komplett konsistente Weltsicht, ich auch nicht. Das Problem ist, die eigenen blinden Flecken zu erkennen :-)

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    1. Mit meiner Bemerkung zur Vor-aufklärung bin ich wie gesagt übers Ziel hinausgeschossen... Ich habe das jetzt im Post etwas differenzierter dargestellt.

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