Emergenz und Selbstorganisation


Ich bin auf folgenden Vortrag von Harald Lesch aufmerksam gemacht worden:

Instabilität • Emergenz • Evolution • vom Urknall zum Gehirn

Teil 1: https://www.youtube.com/watch?v=T0-8tzdHEo0
Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=aDls12DdKpg

Ergänzend dazu:
https://de.wikipedia.org/wiki/Emergenz
https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstorganisation


Zusammenfassung aus Youtube:

Instabilität ist die Voraussetzung für Neues.

Neue Eigenschaften in natürlichen Systemen gibt es nur durch nicht mehr rückgängig zu machende Veränderungen.

Diese Irreversibilität ist eine der zentralen Eigenschaften der Natur.
Die Natur ist ein irreversibles, sich kontinuierlich selbst organisierendes System, dessen Gesetzlichkei­ten wir zwar in groben Zügen kennen, dessen Wechselspiel mit sich ständig verändernden Rand- und Anfangsbedingungen uns aber zu ganz neuen Perspektiven zwingt.

Gerade die Physik als die Grundlage aller Naturwissenschaften hat längst begonnen, eine

- schwach kausale,
- nur mehr partiell deterministische
- systemisch-organische

Sicht auf die Natur zu entwickeln.

Doch ist das weder in Politik und Wirtschaft noch in der Philosophie bis heute so richtig angekommen.

Meine Bemerkungen zum Vortrag

Einige dieser Gedanken habe ich schon irgendwo mal gehört, aber so gut erklärt, und ins Große und Ganze eingeordnet, habe ich es noch nie gesehen.

Es geht tatsächlich vom Urknall übers Gehirn in die Zukunft.

Was ist bei mir hängengeblieben?

Gesetz und Bedingung

Gesetz, gilt immer: Wenn A, dann B.
Wenn aber A nie stattfindet, dann wird B auch nie stattfinden.
Gesetz ohne Bedingung ist also bedeutungslos.

Bedingung: A findet statt.
Jetzt findet auch B statt.

Instabilität auf Quantenebene

Manchmal entscheidet sich durch einzelne kleine zufällige Ereignisse, ob die Reise nach links oder rechts geht. Das ist der sprichwörtliche Schmetterlingsschlag, der schlußendlich einen Tornado auslösen kann.

Selbstverstärkung/Selbstorganisation.

Manche Effekte verstärken sich selber - unter den richtigen Randbedingungen.
Schwerkraft zieht mehr Schwerkraft an.
Nueklare Reaktionen erzeugen mehr nukleare Reaktionen.
Kristalle setzen sich an andere Kristalle an.
Kopiermechanismen kopieren sich selber immer weiter.
Variation und Selektion erzeugt eine Entwicklung, die in Richtung der Selektion geht.

Man sieht in der Entwicklung des Universums Stufen

Jede neue Stufe kann erst entstehen, wenn die richtigen Randbedingungen erfüllt sind.

Manchmal gab es diese Randbedingungen nur in einem gewissen Zeitfenster. Das heißt, wir können die Geschichte nicht einfach zurückdrehen und von vorne anfangen.

Jede dieser neuen Stufen weist Eigenschaften und Fähigkeiten auf, die man der vorigen Stufe so nicht ansehen konnte. Diese Eigenschaften tauchten erst auf, als die Bedingungen da waren.
(Emergenz = Auftauchen)


Ur-Plasma Die Elementarteilchen waren so eng und heiß, dass es ein einziges ungeordnetes Chaos war. Diese Teilchen verteilten sich und kühlten ab.

Subatomare Teilchen Irgendwann waren die Elementarteilchen so abgekühlt, dass Anziehungskräfte stärker als die Abstoßungskräfte waren. Die Teilchen zogen sich zu subatomaren Teilchen wie Hadronen (z.B. Protonen) zusammen.
 
Atomare Gaswolken Irgendwann waren diese subatomaren Teilchen wiederum so abgekühlt, dass sie Gaswolken aus Atomen bildeten.
 
Himmelskörper Irgendwann war die Schwerkraft zwischen den Teilchen in der Gaswolke so groß, dass sie sich zu Himmelskörpern zusammenzogen.
 
Sterne Irgendwann war der Druck innerhalb des Himmelskörpers so groß, dass er anfing, in seinem Inneren Atome wieder zu zerschmelzen, und die chemischen Elemente auszubrüten.
 
Planetensysteme Irgendwann stießen die Sterne so viel Masse aus, dass sich daraus Planeten bildeten.
 
Moleküle Irgendwann herrschten auf den Planeten die richtigen Temperaturen und Drücke, dass sich aus Atomen Moleküle bildeten.
 
Selbstreplizierende Moleküle Irgendwann gab es so viele unterschiedliche Moleküle, dass auch ein paar dabei waren, die als Schablone für sich selbst dienten.
Diese nahmen dadurch mehr zu als andere Moleküle.
.

Sphären
 
Irgendwann ordneten sich diese Moleküle zu Sphären an, weil sie dadurch in ein chemisches Gleichgewicht kamen.
.   
Zellen Irgendwann fanden sich in diesen Sphären Elemente, die Selbstreplizierung begünstigten.
Dies bedingte Energieaufnahme. (Abiogenese)

Konkurrenz von Zellen Als die Energie um die Zellen knapp wurde, war die Selbstreplizierungsrate von Zellen mit besserer Energieaufnahme höher. (Evolution)

Mehrzeller Irgendwann ballten sich einige Zellen zusammen. Mehrzeller konnten besser Energie aufnehmen.

Nervensystem Irgendwann begannen die Zellen, untereinander chemische Botschaften auszutauschen. Mehrzeller, wo die Zellen sich untereinander koordinierten, waren effektiver.

Soziale Systeme Tiere, die untereinander kooperierten, waren effektiver. (Daher das Bild mit dem Vogelschwarm. Es scheint, als ob der Schwarm ein Eigenleben hat.)

Kognition Tiere, die sich ein besserer Modell von der Wirklichkeit bilden konnten, waren effektiver.

Kulturen Soziale Gruppen, die untereinander kooperierten, waren effektiver.

Technik Kulturen, welche die Umwelt zu ihrem Vorteil veränderten, waren erfolgreicher.







Was war vor dem Urknall?

Ganz zum Schluß in der Fragerunde wird sogar die Frage nach der Ur-Schöpfungskraft angesprochen. Harald Leschs Antwort will ich hier wiedergeben:

Zeitpunkt 0

Wir wissen, dass auf Quantenebene alle Wirkungen gestückelt sind (Planksches Wirkungsquantum H).
Wenn wir bis ganz an den Anfang des Urknalls zurückgehen, und die allererste Wirkung messen, dann kann diese Wirkung nicht beliebig klein sein, und daher auch die Zeit, in der diese Wirkung wirkt, nicht.
D.h. wir können uns dem Zeitpunkt Null nicht beliebig nähern. 10 hoch -44 Sek. vorher ist Schluss.
Nur dazu können wir überhaupt etwas sagen.
Was davor gewesen ist, können wir nicht sagen.

Vakuum-Fluktuationen

Wenn wir im Rahmen der Quantenfeldtheorien arbeiten, hat das Vakuumfeld Fluktuationen. Woher die kommen, können wir nicht sagen.
Das können Fluktuationen sein, die relativ schnell wieder ins Gleichgewicht kommen, oder nicht.
Wir haben überhaupt keinen Schimmer davon, was die Fluktuationen sind.
Das interessante ist nur, dass unsere Experimente in der Kleinheit uns mitteilen, dass die Eigenschaften, die wir bräuchten, um am Anfang solche Fluktuationen zu generieren, die gibt es da unten (im Quantenbereich)
Wenn wir solche Fluktuationen hätten, dann hätten wir Energiefluktuationen, und damit auch Energiedichte-Fluktuationen, und Fluktuationen der Gravitations-Stärke.
Da wo wir mehr Gravitation haben, haben wir Verdichtung. Dadurch entstand der Urknall.
Von da an haben wir eine durchgängige Geschichte zu erzählen.

Gödelscher Unvollständigkeits-Satz

Die Gründe dafür, die sich am Anfang ergeben, die können wir leider nicht formulieren.
Kurt Gödel:
Alle Aussagesysteme haben mindestens eine Annahme, die sie selbst nicht begründen können.

Das haben wir in der Kosmologie ganz genauso.
D.h. die Frage: Warum ist überhaupt etwas?
lässt sich wunderbar mit Kurt Gödel erklären, weil man immer an diesem Punkt landen wird, und dann muss man eine Annahme machen.
Mehr dazu im Aufatz
Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? – Ansätze und Perspektiven der Physik und Kosmologie
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-12153-2_11

Energieerhaltung

Energieerhaltung hat damit (mit den Vakuum-Fluktuationen) nichts zu tun.
Energieerhaltung in unserem Universum ist ein Ausdruck für die Homogenität der Zeit. Dass wir also keine Zeiten haben, in denen Energie nicht erhalten ist, sondern in dem Moment, wo das Universum losgeht, werden auch alle Erhaltungssätze festgelegt. Impulserhaltung, Drehimpuls etc.



mehr zum Thema:
https://urknall-weltall-leben.de/

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